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1. Woche

20230526 133058 min

Die erste Arbeitswoche lief zwar sehr gut, aber ich stieß immer wieder an meine Grenzen, was die Sprache betraf. Die besondere sprachliche Herausforderung bestand darin gleich mit zwei Sprachbarrieren klarzukommen, weil in Cunit nicht nur Kastilisch (Castellano = standardisiertes Spanisch) gesprochen wird, sondern auch Katalanisch (Catalan), eine regionale Variante, die im Osten entlang der Küste Spaniens gesprochen wird. Ich begrüßte erst alle mit „Buenos dias“, weil ich in meinen Lektionen gelernt hatte, dass man so „Guten Tag“ sagt. Ich wurde mit „Bon dia“ begrüßt, was mich erst etwas verwirrt hat, sich dann aber als Katalanisch rausstellte. Auch die Bilderbücher waren teilweise in Katalanisch geschrieben oder es waren nur Bilder ohne Text drin. Ich dachte ursprünglich, ich könnte mit Hilfe der Bilderbücher mit den Kindern zusammen die ein oder anderen Vokabeln lernen, aber die Sätze in Katalanisch konnte ich weder aussprechen noch verstehen und in den Bilderbüchern ohne Text wurde vorausgesetzt, dass man zumindest als Erwachsener die Wörter bereits kennt und den Kindern sagen kann. Und wenn die Kinder wussten, wie das Abgebildete heißt, habe ich sie nicht verstanden. Also musste ich meine Kollegen, die mit Ausnahme der Leitung alle kein Englisch sprachen, immer wieder fragen, wie dieses oder jenes auf Spanisch heißt. Die Frage „Qué está eso en espanol?“ und das Zeigen auf den jeweiligen Gegenstand waren überlebenswichtig in meinem Arbeitsalltag. Und wenn die Sprachbarriere dann doch zu groß war, dann half notfalls auch Google Übersetzer. 

Ich verstand viel von dem, was die Erwachsenen sagten, wenn sie nicht zu schnell sprachen, aber in den ersten zwei Tagen kaum von dem, was die Kinder sagten, weil deren Aussprache noch zu undeutlich und mein Sprachverständnis in Spanisch noch zu unroutiniert war. Die Kinder waren sehr schnell mit mir vertraut, aber unterhalten konnte ich mich mit ihnen noch nicht bis kaum, weil mir das Vokabular fehlte. Vor allem im pädagogischen Alltag kam ich mir manchmal sehr unbeholfen vor, weil ich keine Aufforderungen formulieren, bei Konflikten nicht verbal eingreifen und den Kollegen nicht berichten konnte, was passiert war oder was ich gesehen habe. Wenn die Kinder mir verzweifelt erzählen wollten, was passiert war oder welche anderen Kinder jemanden gehauen oder etwas gestohlen haben, dann konnte ich es nur aus dem Kontext verstehen, aber ich konnte den kleinen Übeltätern nichts sagen, weil ich nicht wusste, wie man auf Spanisch sagt, dass man nicht hauen, nicht schubsen und anderen nicht einfach etwas wegnehmen darf. Ich konnte immerhin schon fragen, ob sie verletzt sind, warum sie traurig sind, ob sie Hilfe brauchen und ob ich deren Windel wechseln darf. Inzwischen kann ich auch sagen „No picar!“ (= katalanisch für „Nicht hauen/schlagen“, kastilisch: „No golpear!“) und „No llencar“ (= katalanisch für „Nicht werfen!“, kastilisch: No tirar!“). Oft mische die Sprachen und nutze eher katalanisch für hauen und kastellanisch  für werfen. 

Über die Einrichtung konnte ich in dieser Woche auch einiges lernen: Llar d’infants municipal El Trenet ist Katalanisch für kommunaler Kindergarten „Der Zug“ oder „Die Bimmelbahn“, welcher auch auf den bunten T-Shirts der Mitarbeiter und an der Wand im Garten zu sehen ist. Auf Kastilisch heißt Kindergarten „jardín de infancia“, „jardín de ninos“ oder „guarderia“. In El Trenet arbeiten 12 Erzieherinnen (alle Vollzeit), 2 Putzfrauen (eine vormittags, eine nachmittags) und 1 Küchenhilfe. Hier werden etwa 100 Kinder betreut, die in sieben Gruppen aufgeteilt sind: Eine Gruppe von 4 Monaten bis 1 Jahr (mit aktuell 8 Kindern), zwei Gruppen von 1 bis 2 Jahre (mit aktuell 12 und 13 Kindern) und vier Gruppen von 2 bis 3 Jahre (mit aktuell etwa 17 Kindern). Die Betreuung der 2 bis 3-jährigen ist für die Eltern kostenlos, daher gibt es hier den höchsten Andrang. Jede Gruppe hat eine feste Erzieherin. Jeweils zwei Gruppen teilen sich dann noch eine Erzieherin, die in beiden Gruppen beim Wickeln und Essen unterstützt. Die Kernbetreuungszeit ist von 9 bis 17 Uhr, zwischen 8 und 9 Uhr gibt es eine zusätzliche Betreuungsstunde. In dieser Zeit sind die Kinder altersgemischt, können ihr mitgebrachtes Frühstück essen und spielen. Die Familien bringen Anfang der Woche Obst und Wasser für alle Kinder der Gruppe mit. Das Obst gibt es dann zwischen 9:30 und 10 Uhr zum Frühstück in der Gruppe. Manchmal gibt es auch Kekse. Das Mittagessen ist den Altersgruppen angepasst, denn unter 1-jährige können beispielsweise noch nicht das gleiche essen wie die 3-jährigen. Lätzchen werden täglich von den Familien mitgebracht und den Kindern wieder in den Rucksack gepackt, damit sie Zuhause ausgetauscht werden können. Hausschuhe trägt hier keiner, weder die Kinder noch die Erzieher. Das erspart auch Zeit, wenn es in den Garten geht. Jede Gruppe hat ihre eigene Garderobe mit Bildern und Namen der Kinder in Großbuchstaben in oder vor der Gruppe und ihren eigenen Zugang zum Garten im Innenhof. Man macht einfach die Tür auf, und geht mit den Kindern raus. Es gibt kein Gerangel an der Garderobe um die Kinder erst anzuziehen. Es ist meistens warm genug, um ohne Jacke und bei Bedarf auch ohne Schuhe und Socken rauszugehen. Die bis 1-jährigen haben ein eigenes Gartenabteil, vermutlich dient dies zu ihrem Schutz, da sie ansonsten von den größeren Kindern überrannt werden würden. Wenn alle Kinder draußen sind, ist es nämlich sehr lebhaft im Garten.